Dieses Selbstverständnis, das aus meinen bisherigen Erfahrungen in Frauenkreisen entstanden ist, ermöglicht uns einen sicheren und geschützten Raum. Ich erlaube mir deshalb, uns immer wieder daran zu erinnern oder zurückzuholen, wenn wir in unsere gewohnte Kommunikation zurückfallen.
Wir kommunizieren authentisch, wertfrei und gewaltfrei. Dabei spüren wir in uns hinein und sprechen darüber, was JETZT, in diesem MOMENT da ist. Nur die, die den Redestab gerade hält, spricht. Diese Pausen zwischen den Redebeiträgen ermöglichen Raum zum Nachdenken und Hinspüren. Sie lehren uns, den leeren Raum (aus)halten und genießen zu können, statt ihn mit Worten füllen zu „müssen“.
Alltagsgespräche bleiben draußen. Wir sprechen nur über das, was uns im Moment gerade bewegt. Du kannst dir mit dem Redestab auch Stille nehmen, um vorher Gesagtes nachklingen zu lassen. Diese Stille und Pausen lernen wir (aus)zuhalten und zu schätzen. Sie geben uns Kraft.
Das einander zugewandte und wohlwollende Zuhören wird von den Teilnehmenden als sehr wohltuend empfunden. Gesagtes bleibt unkommentiert im Raum stehen und darf nachwirken. Alles, was geteilt und erlebt wird, ist sicher und bleibt in diesem Raum.
Ungefragte Ratschläge sind Schläge. Wir geben diese nur, wenn wir danach gefragt werden. Um unseren eigenen Schmerz nicht spüren zu müssen, der durch die Geschichte des Gegenübers sichtbar wird, wollen wir trösten – meistens jedoch nur uns selbst. Tränen gehören zum Prozess. Wenn Tränen fließen, halten die anderen den Raum – ohne diejenige durch Trost oder Berührung in ihrem Prozess zu stören. Wenn eine Frau sich Trost oder Berührung wünscht, bittet sie darum. Den eigenen Schmerz zu halten, den wir spüren, während eine Frau ihre Geschichte teilt, kann sehr heilsam sein.
In diesem geschützten Raum kann jede sich mit den aufkommenden Emotionen zeigen, diese durchleben bzw. durchfühlen, während die anderen den Raum für sie halten. Diesen respektvollen, besonderen Raum, in dem jede sich wortlos gehalten fühlen kann, halten wir gemeinsam. Wir erfahren, dass es möglich ist, uns in einer Gruppe zu verbinden und dabei gleichzeitig auch bei uns selbst bleiben zu können. Das ist magisch.
An den Wochenenden an der Jurte achten und respektieren wir den Platz und alle Wesen, die dort leben. Wir sind Gäste an diesem Ort.
Wir betreten den Raum bewusst und achtsam, indem wir schweigend über eine imaginäre Schwelle treten oder durch ein imaginäres Tor schreiten. Zu Beginn öffnen, zum Schluss schließen wir in Dankbarkeit gemeinsam diesen besonderen Raum und verlassen den Platz möglichst, ohne dort Spuren zu hinterlassen.
Die Zeit ist flüssig. Smartphones und Uhren bleiben in den Rucksäcken, Alltagsgespräche vermeiden wir. Kommen sie auf, erinnern wir uns gegenseitig wohlwollend daran, im Moment zu bleiben. Wir alle sind Lernende.
Alkohol und andere halluzinogene Substanzen sind in dieser Zeit tabu.
Unser Kochfeuer ist heilig. Wir ehren das Feuer, das uns wärmt, nährt, schützt und um das wir uns versammeln. Weder Zigarettenreste, noch andere Abfälle werfen wir hinein
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Ich verspreche, offen und ehrlich mit dir zu sein.
Ich verpflichte mich, für mich selbst Verantwortung zu übernehmen.
Ich werde um Unterstützung bitten, wenn ich sie brauche.
Ich werde um Zeit für mich alleine bitten, wenn ich sie brauche, und das hat nichts mit dir persönlich zu tun.
Ich werde nicht versuchen, dich zu retten.
Ich werde dir zuhören.
Ich werde das, was du mir erzählst, vertraulich behandeln und es nicht weitererzählen. Ich werde hinter deinem Rücken nicht schlecht über dich sprechen.
Ich feiere deine einzigartige Schönheit und deine Gaben.
Ich werde mich selbst nicht zurückhalten, um dazuzugehören, und ich werde dich darin bestärken, das Gleiche zu tun.
Das Manifest unserer weltweiten Schwesternschaft (nach Awakening Women Institute/Chameli Ardagh)